Auf die Geburt unseres zweiten Kindes war ich super vorbereitet. Josie hatte mich in meinen Wünschen und Plänen gestärkt, ich freute mich riesig auf die Geburt.
Im Krankenhaus hatte ich mich angemeldet, die Tasche gepackt. Mein Mann und Geburtsbegleiter wusste um seine Aufgaben bei der Geburt, die Betreuung für unser Kind war organisiert. Und der berühmte „ET“ rückte näher. Wir waren bereit.
Dann wurden wir alle krank, Kind und Mann positiv auf Covid-19 getestet. Ein Schock. Ich entschied mich, da ich eh unter Quarantäne stand, gegen einen Test.
Geburtsvorbereitung und Pläne schienen plötzlich hinfällig. Viele Fragen kamen auf:
- Würde ich nun die ganze Zeit ein Maske tragen müssen?
- Durfte mein Mann tatsächlich nicht die Geburt unseres zweiten Kindes miterleben?
- Wer würde meine Wünsche unter der Geburt vertreten und erfüllen helfen?
- Wie kam ich überhaupt ins Krankenhaus, da mein Mann das Haus nicht verlassen durfte?
- Würden sie versuchen, mir einen Kaiserschnitt einzureden?
- Würde man versuchen, mein Baby und mich nach der Geburt zu trennen?
- Würde mein Baby auch krank werden?
- Würde ich einfach stillen dürfen und können?
Ich rechnete. Es sah gut aus, dass das Baby erst nach der Quarantäne kam. Bis dahin wären wir sicher wieder fit. An diese Hoffnung klammerte ich mich. Und machte den Fehler, die andere Möglichkeit auszublenden.
Josie riet mir, im Krankenhaus anzurufen und zu fragen, wie die Geburt im Verdachtsfall ablaufen würde. Ich verschob den Anruf um einen Tag. Dann um einen weiteren. Und an diesem Tag weckten mich 2.15 Uhr Schmerzen im Unterleib.
Es vergingen 2 Stunden bis ich mir eingestand, dass ich Wehen hatte. Ich weckte meinen Mann, rief im Krankenhaus an. Die Hebamme am Telefon sagte, dass ich bei Verdacht auf eine Corona-Infektion in ein anderes Krankenhaus müsse, welches auf solche Fälle vorbereitet sei. Wenn ich zu ihnen käme, würde man mich wohl eh dahin verlegen.
Ich geriet kurz ins Wanken: mein Mann musste zu Hause bleiben, ich allein in ein Krankenhaus, das ich nicht kannte.
Die Hebamme informierte das andere Krankenhaus, dass ich komme.
Mein Mann rief einen Krankenwagen. Begleitet von einem Sanitäter in Schutzanzug und Maske fuhr ich, ebenfalls mit FFP2-Maske, zum ersten Mal mit einem Krankenwagen.
Im Krankenhaus trugen ebenfalls alle in meiner Nähe Schutzkleidung von Kopf bis Fuß. Man brachte mich in den „Kreißsaal“ – einen sehr kleinen Raum mit normalem Krankenhausbett. Die Hebamme musste sich bei jedem Verlassen und Betreten des Raumes umziehen. Was einmal im Raum war, musste da bleiben. Routiniert schien mir das Vorgehen nicht. Es folgten Aufklärungsgespräche, Fragen und ein Corona-Abstrich.
Noch immer mit FFP2-Maske versuchte ich noch eine Weile vergeblich, mit den Wehen mitzugehen. Ich merkte, dass die Hebamme mir bei der Umsetzung meiner Pläne keine Hilfe sein würde, besann ich mich auf meine Geburtsvorbereitung. Achtete auf meine Atmung, stellte „Kontakt“ zu meinem Baby her. Erinnerte mich an die Vorfreude. Und endlich spürte ich, was in meinem Körper vorging. Ignorierte die Einwände der Hebamme, als ich spürte, dass es gleich so weit war. „Sagte“ meinem Baby und mir, dass wir gleich kuscheln würden. Befreite mich von Maske und aus der Seitenlage, ging in den Vierfüßlerstand (wie ich es mir vorher immer gewünscht hatte) und nach zwei kraftvollen Wellen hielt ich mein Baby in meinen Armen.
Bei der Nachricht über die Geburt am Telefon seufzte mein Mann auf eine Weise, die mir das Herz brach. Weil er nicht da sein durfte.
Er sagte mir dann, dass das Gesundheitsamt ihn kontaktiert hatte: ich war positiv.
Nun zu den Fragen, die mir Vorfeld Sorgen bereiteten:
- Ich musste NICHT die ganze Zeit Maske tragen bei der Geburt, hätte sie schon eher abnehmen können. Sie hatte mich lange Zeit einfach nicht gestört.
- Mein Mann durfte nicht dabei sein. Für mich war es unter der Geburt okay, wenngleich es anders natürlich schöner gewesen wäre. Doch war es danach für uns beide nicht leicht, dass er es nicht miterleben durfte. Es war für beide Seiten wichtig, über Erlebtes und Gefühle zu sprechen.
- Meine Wünsche und Pläne für die Geburt habe ich mir so gut wie möglich selbst erfüllt. Da kam mir die gute mentale Geburtsvorbereitung zu Gute. Und in uns allen schlummern ungeahnte Kräfte!
- Aufgrund der Quarantäne ging es mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus. Privat hätte mich niemand fahren können /dürfen, alleine kam für mich nicht in Frage.
- Ein Kaiserschnitt wurde nie erwähnt. Ich empfehle, sich vorher über Rechte und auch mögliches Vorgehen im Krankenhaus bei Geburten mit Corona zu informieren. Das gibt Sicherheit.
- Ich durfte mein Baby gleich nach der Geburt ohne Maske kuscheln und anlegen.
- Das Baby wurde kurz nach der Geburt und zwei Tage später auf Corona getestet. Es blieb negativ und gesund.
- Dass ich trotz Corona-Infektion stillen darf, wurde im Krankenhaus nie in Frage gestellt. Zur Sicherheit des Babys sollte ich bis zum Ende der Quarantäne mit FFP2-Maske stillen. Das Stillen klappte nach 4 Tagen schon ganz wunderbar.
Was war sonst anders als ohne Corona?
Wir waren 3 Tage in einem Isolierzimmer und durften es nicht verlassen. Besuch war sowieso nicht erlaubt. Ich wurde mehrmals täglich hinsichtlich Fieber und Blutdruck untersucht. Wer in unser Iso-Zimmer kam, trug voll Schutzkleidung.
Und das Wochenbett war sehr entspannt, denn durch Lockdown und unsere Erkrankung gab es so gut wie keinen Besuch.
Rückblickend würde ich mich vorher in der Wunschklinik informieren, wie es mit Infektion ablaufen würde, um mir unnötige Überraschungen zu ersparen. Und es wäre hilfreich gewesen, die einsetzende Geburt gleich als diese anzunehmen. Doch wenngleich einiges ganz anders lief als geplant und gewünscht, gab es noch immer viele Dinge, die ich selbst beeinflussen und gestalten konnte.